Author Archives: maambrosi

Anmerkungen zu “Der junge Karl Marx”

Der Film  „Der junge Karl Marx“ hatte am 28.Februar in Trier in Anwesenheit des Hauptdarstellers August Diehl Premiere. http://www.der-junge-karl-marx.de/. Am 2. März ist er bundesweit angelaufen und hat große Beachtung gefunden.

Der Film zeigt die aufregenden und glücklichen Jahre von Jenny und Karl Marx sowie Friedrich Engels zwischen 1844 und 1848 in authentischer Atmosphäre, wenn auch bisweilen idealisiert.

Hauptanliegen des Filmes ist es, die Entwicklung der Männerfreundschaft von Karl Marx mit Friedrich Engels darzustellen, die nach anfänglicher Abneigung zu einer lebenslangen, engen Verbundenheit geführt hat. Ein erster Höhepunkt ihrer politischen Zusammenarbeit war die gemeinsame Abfassung des Kommunistischen Manifests 1848, dem immer noch zündenden Dokument der Arbeiterbewegung.

Der Film widmet sich auch der wichtigen Rolle, die Jenny Marx, Karls Frau, bei dieser Entwicklung spielte. Ihre Geistesblitze im Film sind nicht alle authentisch, aber sie haben einen wahren Kern. Belegbar ist, dass sie mit teils sachdienlichen, teils erheiternden Beiträgen dem Kreis um Karl Marx immer wieder geistige Anregungen gegeben hat.

Die Darstellung von Frau Jenny erfährt in dem Film allerdings eine Anpassung an die Moderne, die sie zwar den heutigen Zuschauern  nahe bringt, aber dabei wird viel künstlerische Freiheit in Anspruch genommen. Es ist unbestritten, dass Jenny Marx ihrem Mann geistig ebenbürtig war und ihn bei seiner Arbeit unterstützt hat, wie die einzige erhaltene Manuskriptseite des Kommunistischen Manifests zeigt. Die ersten zwei Zeilen wurden von ihrer Hand geschrieben. Sie war jedoch keine federführende Mitverfasserin, auch wenn dies im Film mit den schönen Bildern eines schreibenden Quartetts suggeriert wird. Dem Quartett gehört dem Film zufolge auch die temperamentvolle Mary Burns an, obwohl sie Analphabetin war.

So eindrucksvoll diese und ähnliche Szenen mit Mary Burns auch sind, sie gehen doch weit über die historische Wahrheit hinaus. Mary war nicht  so emanzipiert, dass sie “ihren” Friedrich Engels als „mein Mann“ bezeichnete, an politischen Versammlungen teilnahm und bei der Gründung des „Bundes der Kommunisten“ mit ihrer Schwester und Nachfolgerin bei Engels ein rotes Plakat mit dem Leitspruch der Kommunisten enthüllte.

Trotz aller revolutionären Emphase mit der Arbeiterschaft fühlte sich Jenny Marx nicht dieser Klasse zugehörig. Sie hegte insbesonders große Vorbehalte gegenüber Mary Burns, der Geliebten des Familienfreundes Friedrich Engels, wie die  Szene am Strand zeigt.  Mary wird als Protagonistin für die emanzipierte Frau gezeigt, die um ihrer persönlichen Freiheit willen bewusst auf das bürgerliche Glück mit Kind und Familie (mit Engels) verzichtet und stattdessen kämpfen will. Ihre Großzügigkeit in Bezug auf sexuelle Treue war Frau Marx, die den bürgerlichen Konventionen des 19. Jahrhunderts eng verbunden war, suspekt.

Zwei Grünschnäbel, Marx und Engels, haben, wie der Film ausdrucksvoll aufzeigt, eine Lehre entwickelt, die noch heute von brennender Aktualität ist. An der Unterdrückung der Mehrheit der Menschen durch eine kleine Elite in der Geschichte hat sich nichts geändert, nur die Vorzeichen. Das zeigen auch die Bilder im Abspann eindrucksvoll.

Marlene Ambrosi, 2.März 2017